Das Konzept des „Globale Lernens“ orientiert sich mit dem Dreischritt „Erkennen, Bewerten, Handeln“ an Zielmarken, die auch in der Politikdidaktik seit den 1950er Jahren diskutiert werden. Angesichts der globalen Dimension epochaltypischer Schlüsselprobleme – Klimakrise, ökologische Krise, Krise der Reproduktion, liegt eine Öffnung politische Bildung gegenüber pädagogischen Konzepten wiedem Globalen Lernen und einer „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ nahe.

Das Bildungskonzept des Globalen Lernens, in dem sich auch die Idee des Projekts „Urbane Monster einer imperialen Lebensweise“ verortet, soll – so zumindest die Interpretation der Projektverantwortlichen – junge Menschen dazu ermutigen, sich mit globalen Macht- und Herrschaftsstrukturen auseinanderzusetzen. Adressat*innen werden nicht nur darin gestärkt, sich kompetent und selbstsicher gegenwärtigen (multiplen) Krisen zu stellen. Kinder und Jugendliche werden auf unterschiedlichen Ebenen Möglichkeiten eröffnet, sich aktiv mit Perspektiven auf gerechte (globale) Gesellschaft auseinanderzusetzen und diesen auf unterschiedliche Weise – individuell oder kollektiv – mitzugestalten (vgl. KMK et al. 2016: 215, weiterführend Emde et al. 2017). Die Förderung von Partizipations- und Interventionsfähigkeiten stellt den Ausgangspunkt für ein solidarisches Zusammenleben aller Menschen weltweit dar. Das Erkennen eigener Interessenlagen ist diesbezüglich relevant, wie auch die begründete Beurteilung von politischen Entwicklungen. Der normative Anspruch des Globalen Lernens verdeutlicht, dass es sich um einen pädagogischen und politischen Ansatz zugleich handelt.

Das Ziel Globalen Lernens ist es aufzuzeigen, dass Globalisierungsprozesse keineswegs natürliche Phänomene sind, denen man ohne jegliche Einflussmöglichkeiten ausgesetzt ist. Mit einer kritischen Analyse historisch gewachsener, gegenwärtiger globaler Macht- und Herrschaftsverhältnisse kann erarbeitet werden, dass es sich bei der gegenwärtigen dominanten Erzählung von Globalisierung um eine von vielen Varianten möglicher Globalisierungen handelt. Gerade durch (vermeintlich immer wieder neue) Krisen werden vermeintliche Normalvorstellungen einer auf weltweites Wirtschaftswachstum ausgerichtete Globalisierung angezweifelt Zugunsten weniger Menschen zunehmend in Frage gestellt.

Wenn das Politische verstanden werden kann als das „noch-nicht-Entschiedene“, das Umkämpfte und Umstrittene, können sich Lernprozesse an einer Re-Politisierung der Politik, deren Institutionen, Logiken, Ordnungen und Normen orientieren. Wenn in Lernprozessen gegenwärtige Macht- und Herrschaftsverhältnisse infrage gestellt werden und hinsichtlich der Umstände und Implikationen ihrer Entstehung verstanden, analysiert und bewertet werden. Es bestehen Alternativen zu einer marktliberalen Globalisierung, die auf neo-kolonialen Ausbeutungsverhältnissen von Mensch und Natur, einem neoliberalem Wachstumsparadigma und der Externalisierung der ökologischen und sozialen Folge beruht. Diese werden deutlich wenn vielfältigere Perspektiven auf Globalisierungsprozesse sichtbar werden und dadurch auch andere Formen der Gestaltbarkeit von Globalisierung.  Durch politische Perspektiven des Globalen Lernens kann die Politik (verstanden als das Gewordene) aus der Perspektive des Politischen (also des Möglichen) verstanden werden (vgl. Gürses 2015: 30).

Für Handlungs- und Gestaltungskompetenzen des Globalen Lernens bedeutet diese politisierte Perspektive, dass Lernende unterschiedlichen Handlungsebenen und Akteure kennenlernen. Und damit in Zusammenhang stehend auch die Ausstattung mit politischer Handlungsmacht thematisch wird. Das Erkennen von Möglichkeitsräumen eigener politischer Handlungsmacht muss in diesem Zusammenhang thematisiert werden, sollte jedoch über die individualisierte Dimension hinausgehend analysiert werden. Um Beharrungskräfte und Grenzen des eigenen Handelns verstehen und aufbrechen zu können, müssen eigene Handlungsspielräume im Kontext einer tief verankerte imperialen Lebensweise verankert kontextualisiert und reflektiert werden.